In Bensheim wurden am Wochenende die Klingen gekreuzt: Mehr als 200 Athleten fochten mit dem Degen ihre Hessischen Jugend-Meister aus.

Sportlich sind die Bensheimer zufrieden. Viele neue Gesichter sorgten gerade in den unteren Altersklassen für Heimspiel-Atmosphäre.

"Wir verzeichnen gerade großes Interesse am Fechten, gerade hier in Bensheim", freut sich Trainer Bertram Fey über gleich sieben Neueinsteiger, die bei den "Hessischen" ihr Debut feierten. Dass die älteren Athleten auch zwischen ihren Gefechten an der Bahn bleiben und Wissen und Rat an die jüngeren weitergeben, sorgte dafür, dass die Einzelsportart Fechten für niemanden zu einem einsamen Kampf wurde.

Folgerichtig waren die Mannschafts-Wettkämpfe das emotionales Highlight: "Das ist etwas besonderes. Gegenseitig motivieren, die Gegner analysieren, viel miteinander reden", fasst Phillip Pfeifer, Materialwart der SSG-Fechter, zusammen.

Besonders die U15-Damen wuchsen über sich Hinaus. Ohne große Ambitionen gestartet, erkämpften sich Kira Scholz, Jana Meyer, Luisa Filbert und Lilian Henrich Punkt um Punkt. Im Halbfinale mussten sie sich FC Offenbach dann zwar doch geschlagen geben. Es sollte aber die einzige Niederlage werden: Großer Jubel in den Bensheimer Reihen, als Kira Scholz mit bissigem Gegenangriff den 45. Treffer und damit den Bronze sicherte.

Viel Lob erhielt die SSG Bensheim als Ausrichter. Organisation, gute Verpflegung, Hilfe und ein offenes Ohr für alle Probleme der Athleten sorgten für gute Stimmung. So blieb die deutlich in die Jahre gekommene AKG-Halle Weiherhaus samt Wasserschaden der einzigen Kritikpunkte.

Viele Emotionen und ein Heimvorteil: Morten Backs hält seinen Gegner auf Distanz (Bild: Bertram Fey)

Tatsächlich wieder eines der großen Turniere in Hessen in Bensheim. So richtig wurde das den vielen ehrenamtlichen Helfern wohl erst beim Aufbauen klar. Vierzehn Bahnen Fechten mussten dieses Mal in die AKG-Halle Weiherhaus gezwängt werden, noch eine mehr als 2018 am selben Ort.

Immerhin aus erfreulichem Grund: Die Sportart Fechten erfreut sich gerade in Bensheim steigender Beliebtheit und trotzt damit gleich zwei Deutschland-Trends: So haben es die Sportvereine ohnehin gerade schwer und auch der Deutsche Fechterbund hat zuletzt mehr als 5% seiner aktiven Athleten verloren.

Anders bei der SSG: "Wir freuen uns natürlich über viele neue Gesichter und staunen, wie schnell die Kinder trotz einiger Schwierigkeiten im Wettkampf-Geschehen ankommen", so Trainer Bertram Fey. Womit er auf die schwierigen Verhältnisse in der KKS-Halle anspielt, deren seit Jahren rutschiger Boden beim Training Kopfzerbrechen bereitet: Fechten als Schnellkraft-Sportart mit vielen Richtungswechseln leidet hier mehr als andere.

Schon ab acht Uhr an Samstag und Sonntag rollten die ersten Athleten ihre Taschen und Waffensäcke in die Halle. Waffen, Handschuhe, Maske, Schutzkleidung. Viel hat sich in Sachen Sicherheit getan, schwere Verletzungen gehören der Vergangenheit an. Die Ausrichter prüfen wichtigste Ausrüstung an jedem Turniertag, die Waffen sogar vor jedem Gefecht.

Gerade bei jüngeren Teilnehmern sorgte das für bange Blicke: alles in Ordnung? Letzte Reparaturen nötig? Abteilungsleiter Walter Fendel beruhigt: "Das meiste reparieren wir hier vor Ort. Gelegentlich helfen wir mit eigenem Material aus. Natürlich auch für die anderen Vereine."

Fairness und Respekt voreinander werden in der traditionsreichen Sportart groß geschrieben. Fechtergruß vor jedem Kampf, Gruß und Handschlag danach. Beleidigungen bedeuten den Turnier-Ausschluss.

Für die Neueinsteiger beginnt das Kribbeln spätestens wenn die älteren Fechter der U17 und U15 mit dem Einfechten beginnen. Dann kommt diese ganz besondere Atmosphäreauf, wenn sich die Athleten in ihren weißen Anzügen gegenüber stehen und das metallische Klacken der Waffen die Halle füllt. Große Augen bei kleinen Sportlern sind garantiert.

Und auch die Besucher kamen auf ihre Kosten: bei über 800 Gefechten an zwei Tagen gab es Fechtsport satt und jede Menge wirklich sehenswerte Duelle. Gerade das Degen-Fechten ist beim Publikum beliebt, weil es durch einfache Regeln sehr verständlich ist: Leutet die elektronische Anzeige, dann wird fast immer ein Treffer verbucht.

Ein großer Teil der Zuschauer war dann aber schon fachkundig, oft selbst aktive oder ehemalige Fechter, die mal wieder reinschauen. Und für die SSG Bensheim natürlich die Gelegenheit, den einen oder anderen alten Hasen in die wachsende Riege der Senioren-Fechter aufzunehmen.

Sportlich blieb der ganz große Erfolg für die Bensheimer dieses Jahr aus. Eine ganze Reihe von Fechtern hat sich im vorderen Feld festgesetzt. Trotzdem: nur einer kann gewinnen und es gehört immer auch eine gute Prise Glück mit dazu. In den Direktausscheidungen muss alles passen. Top-16 sind gute Ergebnisse, Top-8 gilt als exzellent. Der Rest ist Tagesform und Glück.

Und bei fehlendem Glück blieb es bei einem 7. Platz für Thorben Wiesemann (U15), der im Mai in Leverkusen sein Ticket für die Deutschen Meisterschaften absichern kann. Dazu ein guter 15. Platz für Kira Scholz (U15), für die der selbe Platz beim nächsten Turnier ebenfalls für die DM reichen sollte.

Einen besonderen Platz nehmen immer die Mannschafts Wettkämpfe ein. "In dieser Einzelsportart ist das etwas besonderes. Die Leute müssen da zusammen arbeiten, sich motivieren, gemeinsam die Gegner analysieren. Viel miteinander reden", so fasst Phillip Pfeifer, Materialwart der SSG Bensheim, zusammen. Und unterschlägt dabei den emotionalen Faktor, der bei toller Stimmung und Heimkulisse besonders die U15-Damen beflügelte.

Mit nur wenigen Ambitionen gestartet, erwischte das Team mit Kira Scholz, Jana Meyer, Luisa Filbert und Lilian Henrich einen guten Start. Zunächst von den Zuschauern getragen, gelang immer mehr. Weite Ausfälle, eigentlich schon zu kurz, die plötzlich doch noch den Oberschenkel finden; robustes Gegenhalten, bei dem doch noch ein Doppeltreffer heraus springt. Knapp gewonnen, 45:43, aber eben gewonnen. Das sorgte für Stimmung und eine ganz andere Körpersprache.

Über sich hinaus gewachsen: Überraschungs-Dritte in der U15: Lilian Henrich, Kira Scholz, Luisa Filbert, Jana Meyer (vlnr., Bild: Bertram Fey)

Da störte dann auch nicht mehr, dass man den FC Offenbach dann doch ins Finale einziehen lassen musste. Im schwierigen Kampf gegen den Wiesbadener FC mussten dann alle vier über sich hinaus wachsen. Jana Meyer wachsende Freude an giftigen Tempo-Gegenstößen. Luisa Filbert, auf ihrem ersten großen Turnier unterwegs, überraschte ihre Gegnerinnen mit unüblichen Strategien. Lilian Henrich als offensive Kraft im Team erwischte ihre Gegnerinnen mal und mal mit langen Ausfällen und plötzlichen Wiederaufnahmen.

Als Kira Scholz im letzten Gefecht mit einer Reihe von bissigen Gegenangriffen zum Waffenarm keine Chance zum Aufholen mehr ließ und mit dem 45. Treffer die Bronze-Medaille sicherte, stand die Halle Kopf und hinterließ das Gefühl: hier bewegt sich was.

Viel Lob erhielt die SSG Bensheim als Ausrichter. Kaum Probleme beim Turnier, dazu gute Verpflegung und stets ein offenes Ohr für die Anliegen und Probleme der Gäste. Und so blieben die in die Jahre gekommene AKG-Halle Weiherhaus, passend mit Wasserschaden, der einzigen Kritikpunkte. Die Fechter der SSG Bensheim ziehen insgesamt ein positives Fazit. Das die Mitglieder und die Familien so gut mitziehen, dass eine kleine Abteilung eines der großen Turniere Hessens stemmen kann, das zeigt, das Zusammenhalt und Ehrenamt hier in Bensheim funktionieren.

Die Ergebnisse im Überblick:

U17 Damen: 14. Kira Scholz, 17. Christine-Anne Huck

U17 Herren: 13. Thorben Wiesemann, 26. Theo Ehrenberg

U15 Damen: 15. Kira Scholz, 26. Luisa Filbert, Breeze-Kate Guo (punktgleich), 31. Jana Meyer

U15 Herren: 7. Thorben Wiesemann, 23. Theo Ehrenberg, 26. Fabian Winkler, 28. Simon Staffa, 29. Philip Thiel, 31. Maximilian Langer

U13 Damen: 12. Belle Guo, 13. Charlotta Rüthers

U13 Herren: 20. Andrew Connor, 21. Maurice Fasser, 23. Jonas Döpp, 24. Philip Eberlein, 25. Morton Backs

Team U17 Damen: 5. Meyer, Scholz, Filbert

Team U15 Damen: 3. Scholz, Henrich, Meyer, Filbert

Team U13 Herren: 4. Backs, Eberlein, Fasser