Als 20 Sekunden vor Zeitablauf der fünfzehnte Treffer den Kampf entschied, war jedem sofort klar: über das diesjährige U15-Finale wird man im hessischen Fechtsport noch lange sprechen.
Hinter den Kontrahenten Arseny Tatarov (Eintracht Frankfurt) und Tom Fey (SSG Bensheim) lag bereits ein anstrengender Wettkampftag im tadelloser Bilanz:
Nach der Setzrunde auf eins und zwei liegend wurde es für beide erst im Halbfinale im Halbfinale richtig spannend. Mit den Offenbachern Bjarne Brückmann und Raphael Neumann warteten zwei sehr starke Gegner, mit denen sie gemeinsam vor zwei Jahren im Team Deutschland-Gold holten. Auf höchstem Niveau setzte sich Tatarov mit 15:13 durch, Fey machte es mit 15:14 gegen Neumann noch spannender.
Und so kam es zu einer Neuauflage Merck Jugendpokalfinales: Fey, Europa-Neunter der letzten Saison, gegen Arseny Tatarov, den aktuellen Deutschland-Challenge-Sieger.
Fey startete sehr offensiv, konnte sich aber zunächst nicht belohnen. Schnell führte Tatarov mit 5:1, ehe sich ein zähes Ringen entfaltete. Tatarov verteidigte die Führung und Fey kämpfte um Anschluss. Nur noch zwei Treffer fehlten Tatarov, als es mit 9:13 in die letzte Pause ging.
In den 60 Sekunden wurde auf Bensheimer Seite an einer Taktikanpassung gearbeitet, doch kurz nach Beginn des letzten Drittel fiel unglücklich auch noch das 9:14 - im Degenfechten mit seinen Doppeltreffern fast aussichtslos.
Doch wer meinte, daß sich Fey jetzt abgrüßen und sich über Silber freuen würde, wurde eines besseren belehrt: Der Kampf wurde mich höchster Intensität weiter geführt und in Folge fielen die Treffer 10, 11 und 12 für Fey. Tatarov wechselte noch die Waffe, um einen Defekt auszuschließen, aber auch danach traf nur noch Fey. Und 25 Sekunden vor Ende fiel dann tatsächlich noch der Ausgleich: 14:14, der nächste Treffer würde entscheiden.
Und auch hier war es wieder Tom Fey, der die Initiative an sich riss: Täuschung zur Schulter, langer Ausfall, tiefes Abtauchen, Treffer an der Hüfte. Danach der Jubel mit der Bensheimer Fechtjugend auf der Planche, Hessischer Meister U15 2025. Und dazu das gute Gefühl, daß es sich lohnt, da weiter zu kämpfen, wo andere aufgeben.

Für die SSG Bensheim ist es besonders erfreulich, daß beim U15-Wettkampf noch zwei weitere Fechter ins Viertelfinale einzogen. Besonders erfreulich: sowohl Haomeng Zhang als auch Joschua Hartnagel werden wir auch nächstes Jahr noch in der U15 sehen.
Verdienter Meistertitel in der U13 für Nico Chiang
Genau beim richtigen Verein ist wohl auch Nico Chiang gelandet. Das Talent des U13-Fechters wird oft verkannt, weil Chiang einen extrem defensiven und kraftorientierten Fechtstil bevorzugt, der einfach keinem Technikleitbild entspricht. Ganz anders sieht man das bei der SSG Bensheim, wo man seinen Stil fördert und an ihn glaubt.
Wie effektiv er sein kann, zeigte er auch dieses Wochenende wieder in Dillenburg: mit nur wenigen eigenen Treffern, dafür aber zu null oder zu eins zog er souverän in die KO-Phase ein.
Dort wurde es dann erst im Halbfinale wieder spannend, als Chiang gegen Iliya Ivanov (FC Offenbach) eine Führung von nur einem Punkt bis zum Ende des Gefechts verteidigen konnte. Ein Gefechtsverlauf, mit dem der erfahrene Chiang aber tatsächlich viel Erfahrung hat.
Im Finale traf er auf seinen Vereinskollegen Philipp Habel. Der stellte seine derzeit schnell wachsende Form bereits in der Setzrunde unter Beweis, in der er nur ein einziges Gefecht verlor, und auch das nur denkbar knapp mit 4:5.
Leider musste Habel im Viertelfinale gegen den ein Jahr jüngeren Vereinskameraden Ruben Schütze antreten, so dass nur einer der beiden die Möglichkeit auf eine Medaille hatte.

Im rein Bensheimer Finale trafen nun zwei sehr unterschiedliche Stile aufeinander. Und man sah auch, wie gut die beiden sich aus dem Training kennen. Nach einem lange offenen Gefecht hatte Nico Chiang mehr Kräfte übrig und ist damit neuer Hessischer Meister Degen U13. Und sendet damit die gute Nachricht, daß man auch abseits der üblichen Technik Erfolge feiern kann. Vielleicht sogar, weil man etwas anders macht.
Erfolg auch bei den Damen: Merle Burkert holt U17-Silber
Mit der Technik-Umstellung zum Beginn der Saison hatte sie zu kämpfen. Der Wechsel zu einem anderen Grifftyp war notwendig geworden, um ihren Athletik-Vorteil besser nutzen zu können, erfordert aber einen neuen Fechtstil.
Das die nötigen Aktionen inzwischen sitzen, war nach der Setzrunde deutlich sichtbar. Nur eine knappe Niederlage gegen die aktuelle deutsche Meisterin, den Rest konnte sie souverän für sich entscheiden und ging auf Rang fünf gesetzt in die KO-Phase.
Dort konnte Burkert ihren Gegnerinnen die Offensive überlassen. Und in deren Vorrücken mit Tempo-Gegenstößen punkten, wie im Viertelfinale gegen Louisa Graf (FC Offenbach), daß sie souverän mit 15:9 für sich entschied.
Im Halbfinale blieb dann Lya Sternberg (Frankfurter TV) ratlos zurück. Wegen besserer Setzung reichte Burkert hier ein Unentschieden. Sie konnte damit sicher zum Doppeltreffer punkten. Beim 13:13 war beiden klar, daß kein Einzeltreffer mehr fallen würde – Burkert zog ins Finale ein.
Durch traf sie dann erneut auf die aktuelle Deutsche Meisterin Antonia Petrovici (FC Offenbach), die derzeit zudem in bestechender Form ist. Es entspann sich ein taktisch geprägter Kampf, der den beiden Athletinnen vor allem in der Ausdauer viel abverlangte.
Bis zum 11:11 konnte Burkert das Gefecht völlig offen gestalten, bevor eine einzige taktische Schwäche zu einem Einzeltreffer für Petrovici führte, den diese dann bis zum Schluss verteidigte.

Mit dem Vizemeister-Titel ist damit aber auch klar, daß Burkert auf Augenhöhe angekommen ist.
Bensheimer Teams holen weitere Titel
In den anschließenden Team-Wettkämpfen kamen dann weitere Medaillen für die Fechter der SSG Bensheim zusammen:
Zuerst nutzte erneut Tom Fey in der U15 die Gelegenheit, sich zusammen mit Bjarne Brückmann und Raphael Neumann (beide FC Offenbach) schon mal für die Deutschen Meisterschaften einzufechten. Dieses Team wird – gemeinsam mit Arseny Tatarov – vermutlich so als Landesauswahl antreten.
Mit drei Halbfinalisten in einem Team bereits zu vermuten, kam wenig Spannung auf. 45:24 hieß es am Ende im Finale. Ein weiteres Gold für die SSG Bensheim.
Kurios dabei: der Finalgegner war die Startgemeinschaft Eintracht Frankfurt/SSG Bensheim, mit der somit Haomeng Zhang gleichzeitig noch eine Silbermedaille für Bensheim erfocht.
Ebenso Silber holte auch hier nochmals Merle Burkert, die sich (in Startgemeinschaft mit Dillenburg und Kassel) nur dem FC Offenbach im Finale geschlagen geben mussten.
Abgerundet wurde das Bild dann von den U13-Damen, wo die Annemieke Habel (Startgemeinschaft mit Bad Nauheim und Kassel) das Finale gegen Frankfurt deutlich verloren, aber eben doch als Vizemeister nach Hause fuhren.
Bensheimer Team-Spirit beeindruckt
Abseits der reinen Ergebnisse beeindruckte aber auch der Team-Geist unter den Athletinnen und Athleten der SSG Bensheim. Fast nie war jemand alleine zugange. Teilweise standen ein Dutzend SSG-ler am Rande und feuerten an. Zehn Startgemeinschaften mit anderen Vereinen zeigen auch, daß man es in Bensheim versteht, sich mit anderen zu vernetzen, Freundschaften zu knüpfen und damit den Fechtsport auch in der Breite weiter zu bringen.